Da mich zu diesem Thema sehr oft ähnliche und gleichgelagerte Anfragen erreichen, möchte ich mich hier ausführlicher mit der vorliegenden Problematik beschäftigen.
Wie ich Ihrer Anfrage entnehmen kann, unterscheiden Sie selbst bereits sehr deutlich zwischen der deutschen und der österreichischen Gesetzeslage. Das Thema Hypnose ist in Österreich derzeit heftig umkämpft, da mehrere Berufsgruppen diese für sich in Anspruch nehmen wollen, allerdings liegt derzeit keine gesicherte Rechtssprechung vor. Da daher derzeit keine höchstgerichtliche Entscheidung vorliegt, kann ich nur aufgrund der allgemeinen berufsrechtlichen Regelungen versuchen, eine Abgrenzung herbeizuführen.
In erster Linie gilt es daher zu betrachten, ob die Hypnose als Arbeitsmethode dem Vorgang Untersuchung, also der Befunderhebung dient, oder dem Thema „Behandlung“ zuzuordnen ist. Im Allgemeinen stellt die Hypnose eine reine Arbeitsmethode dar, um an Informationen heranzukommen, die nicht im bewussten, sondern im unbewussten Teil unseres menschlichen Erinnerungsvermögens angesiedelt sind. Darüberhinaus wird allerdings die Hypnose auch im therapeutischen Behandlungssinn verwendet. Sollte die Hypnose dazu verwendet werden, um beispielsweise Traumata aufzulösen, liegt eindeutig eine psychotherapeutische Tätigkeit vor. Sollte diese Methode dazu verwendet werden, um die Auflösung auf einer höheren Ebene, also auf einer spirituellen Ebene vorzunehmen, liegt keine psychotherapeutische Tätigkeit vor. Dies würde für dieses Beispiel der Traumataauflösung bedeuten, dass nicht direkt am Traumata gearbeitet wird, sondern die Ursachenebene aufgesucht wird, die kausal war für das Entstehen des Traumatas, also zB das Aufsuchen von bestimmten Verhaltensmatrices, Überzeugungsmuster, Reinkarnationsanalyse etc.
Des Weiteren ist bei einer allgemeinen Betrachtungsweise auch die Überlegung miteinzubeziehen, dass die Hypnose als solche wissenschaftlich nicht anerkannt ist und auch nicht an der Universität bzw. gleichqualifizierten Ausbildungsstätten unterrichtet wird.
Davon ausgehend, lassen sich folgende Schlussfolgerungen ableiten, wobei ich nochmals darauf hinweisen möchte, dass ich hier eine rein theoretische Abhandlung vornehme, da es keine gesicherte Rechtsprechung gibt:
1) Ärzte:
Da das Berufsbild der Ärzte unter anderem daran ansetzt, dass Ärzte nur diejenigen Tätigkeiten entfalten, die sich auf gesicherte empirische Wissenschaftlichkeit gründet und weiters auch die Entfaltung dieser Tätigkeit eine Ausbildung an einer Universität erfordert, scheidet die Arbeitsmethode Hypnose aus dem ärztlichen Vorbehaltsbereich grundsätzlich aus. Aus dieser Überlegung heraus könnte man vorerst ableiten, dass die Hypnose nicht den Ärzten vorbehalten ist.
2) Psychotherapeuten:
Der § 1 des Psychotherapiegesetzes umreißt den Vorbehaltsbereich dieser Berufsgruppe. Demnach ist die nach einer besonderen Ausbildung erlernte und umfassende Behandlung von psychosozialen und psychosomatischen Verhaltensstörungen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden mit dem Ziel, bestimmte Symptome zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die Reifung und Entwicklung zu fördern, dem Psychotherapeuten vorbehalten. Aus dieser Definition heraus zeigt sich weiters, dass nur diejenigen Behandlungsmethoden dem Psychotherapeuten vorbehalten sind, die dem psychotherapeutischen Wissenschaftlichkeitsprinzip entsprechen.
Da, wie bereits oben ausgeführt, die Hypnose derzeit als Arbeitsmethode, in welche Richtung auch immer, wissenschaftlich nicht anerkannt ist, könnte daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Hypnose ebenfalls nicht dem Berufsbild der Psychotherapeuten vorbehalten ist.
3) Psychologen:
Ähnliches gilt für das Berufsbild der Psychologen in Österreich. Die entsprechende Bestimmung findet sich in § 3 des Psychologengesetzes und stellt auch hier der Gesetzgeber darauf ab, dass die Tätigkeiten des Psychologen sich auf wissenschaftlich-psychologisch anerkannten Methoden gründen und zwar sowohl in der Diagnostik, als auch in der Behandlung.
Demnach kann hinsichtlich des Vorbehaltsbereiches der Psychologen die gleiche Schlussfolgerung gezogen werden, wie hinsichtlich der Psychotherapeuten.
4) Gewerbeordnung:
Ausdrücklich hat der Gesetzgeber festgehalten, dass die Gewerbeordnung auf die obgenannten Gesundheitsberufe nicht anzuwenden ist. Dies bedeutet in der Folge, dass, egal welche Gewerbeberechtigung jemals ausgestellt worden ist, kein Gewerbescheininhaber legitimiert ist, in die Vorbehaltsbereiche dieser genannten Gesundheitsberufe einzugreifen.
Zusammenfassung:
Aufgrund der obigen systematischen Zergliederung kann man zum Schluss kommen, dass die Arbeitsmethode Hypnose den Energethikern zugänglich wäre, da sich aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen nichts Entgegenstehendes ableiten lässt. Diese Aussage ist allerdings insoweit zu relativieren, als derzeit noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt; und nur diese ist letzten Endes in unserem Rechtsstaat ausschlaggebend.
Ausgehend von dieser derzeitigen Konstellation würde ich aus Gründen der Rechtssicherheit derzeit allen Energethikern dazu raten, anstelle der Bezeichnung Hypnose eine andere zu wählen, zB „Trance-Arbeit“, „Arbeit mit dem Alpha-Zustand“, etc.
Auf diese Art wird auch erreicht, dass der dem Begriff „Hypnose“ innewohnende Beigeschmack entfernt wird, Energethiker würden durch Hypnose die freie Willensbildung des Klienten umgehen oder manipulativ arbeiten.
Ich wünsche allen Energethikern bei Ihrer Arbeit viel Freude und Erfolg!
Dr. Manfred Schiffner